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Fix und Foxi im Krieg

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Den 100. Geburtstag von Rolf, eigentlich Rudolf Kauka hat Comickritik nicht gebührend gefeiert. Sein Einfluss ist heute verblasst, er war uns nie lieb, aber Wenigstens nachträglich ist er aber Anlass genug, um auf die Klärung eines biografischen Fakts zu drängen. Während es in der großen Ausstellung im Wilhelm Busch Museum Hannover noch einigermaßen ungenau, wenn auch unbestreitbar wahr, hieß, Kauka habe den Zweiten Welkrieg „überlebt“, lassen sich Stationen dieses Überlebens durch Anfragen auffinden – und diese wiederum aufs Schaffen lenken: Es geht nicht um Denunziation. Aber auch jenseits einer Einschätzung darüber, ob Kauka ein Reaktionär war – wofür vieles spricht – oder ein Neuerer, wäre interessant, zu untersuchen, welche Spuren der Krieg in seinem Beitrag zur Comickunst hinterlassen hat: Er hat ja für Viele in Westdeutschland und Österreich den Blick aufs Medium geprägt. In diesem Beitrag geht es darum, diese Frage aufzuwerfen.

Bis zum Frühjahr 1943 hatte Kauka, Rudolf, „geb. 9.4. 1917 in Markanstädt“ als Angehöriger der ersten, später der dritten Batterie des Flakregiments 33 aktiv am Krieg teilgenommen. Anfang 1943 ändert sich jedoch sein Standort, vermutlich macht er eine Fortbildung: Jedenfalls gibt es laut der Deutschen Dienststelle Berlin eine Meldung vom 5. Februar 1943, aus der nicht nur hervorgeht, dass er damals bereits zum Oberleutnant aufgestiegen war, sondern auch, dass er, beim Reichsluftfahrtministerium in der für die Weiterbildung zuständigen Insepktion 4, der Flak-Artillerie, stationiert, aber wegen einer „Erkrankung“ ins „Luftwaffenlazarett Bad Wiessee“ verlegt worden ist: Erkrankung ist ausdrücklich keine Kriegsverletzung. Nach einer Woche ist der Kuraufenthalt auch schon wieder beendet.

Zuvor hatte Kauka im September 1939 beim Überfall auf Polen mitgemacht, anschließend sei seine Abteilung „an den Oberrhein“ verlegt worden, informiert das (nicht unproblematische)  Lexikon der Wehrmacht, wo sie ab Mai 1940 „am Frankreichfeldzug“ beteiligt war: Sie ist in die Schlacht von Arras verwickelt, bei der am 8. Mai Schlachtgeschehen in Cambrai im Frühjahr 1940 verwickelt. Später kommt sie nach Ägypten und werden Teil des Deutschen Afrika-Korps, mit dem sie nach Tobruk in Libyen verlegt werden. An der Grenze zu Tunesien sei das Flakregiment 33 dann 1943 vernichtet worden, heißt es. Befehlshaber in Frankreich und später auch im Maghreb ist Feldmarschall Erwin Rommel.  Der „Desertfox“ gilt schon Anfang der 1950er Jahre als international salonfähiger Wehrmachtssoldat, den eine 20th Century Fox-Produktion mit James Mason, dem  größten  (also beliebtesten)  Schauspiel-Star jener Jahre  mit modernster Überblendetechnik in den Untergang reiten lässt, wie jeden guten Cowboy.

1951 reitet Superstar James Mason auf dem Panzer als „Desertfox“ in den Untergang.

Wüsten, genauer, die Sandwüste, das ist ein rekurrenter Spielort in den Fix und Foxi-Geschichten, spätestens ab 1958, wo ein Wüstenabenteuer bereits das Cover ziert. Das ist, angesichts der offenkundigen grafischen Vorteile, die eine Wüste als kontrastarm vorgestellter Hintergrund bietet, nicht erstaunlich – auch Größen wie Hergé haben das Gelb der Sahara oder das Weiß der Himalaya-Eiswüsten für ihre Zeichnungen aufgesucht.  Und selbstverständlich hat Wüste als literarischer topos eine große Vergangenheit.  Gleichwohl wird man bei den von Kauka verantworteten Wüsten-Geschichten sehr zuverlässig Hubschrauber, Flugzeuge und auch Panzer-Fahrzeuge zum Einsatz kommen sehen, ebenso wie die klassisch-burleske Variante eines Fallschirms.

Ende November 1960 inszeniert „Fix und Foxi“ Nr.258  unter Einsatz der burlesken Version eines Fallschirms eine Notlandung in der Wüste. Am Ende gibt es für Fix und für Foxi jeweils einen Orden.

Auch ist es möglich, in der Story von Tom und Klein-Biberherz in Fix und Foxi 143, die im September 1958 erschienen ist, ein  Heimkehrerdrama zu entziffern: Auf der Flucht schleppt sich darin Tom über Geröll und durch die Wüste bis nach Hause, wo er den totgeglaubten Klein-Biberherz findet, dem Toms Trauma völlig unverständlich und fremd bleibt. Oder, anderes Beispiel: Als Fix und Foxi im Januar 1961 zur Schatzsuche aufbrechen, ist es eine im Gerümpel auf dem Speicher von Oma Eusebia gefundene Karte, die sie in die Sahara führt. Noch markanter ist freilich die Notlandung in der Wüste, die das letzte November-Heft von Fix und Foxi 1960 inszeniert. Dort ist dann laut Kaukapedia „die Rede nur mehr vom Köpfen und von Kriegserklärungen“, und zum guten Schluss werden an Fix und an Foxi Orden verliehen.

Mindestens einen Orden hat Kauka selbst auch erhalten, das lässt sich mit Gewissheit sagen, auch wenn nach seinem einwöchigen Lazarettaufenthalt im Frühjahr 1943 die Spuren lückenhaft werden: Zur Verleihung des Deutschen Kreuz in Gold gibt es abweichende Daten. Während bei der Deutschen Dienststelle die Verleihung am 1. Oktober 1944 registriert ist, reproduzieren die notorischen Klaus D. Patzwall und Victor Scherzer in ihrem einschlägigen Nachschlagewerk eine Verleihungsurkunde vom 27. Juni.

Als seine Einheit benenn die Herausgeber dabei das sechste Flakregiment, ohne Angaben zu Batterie oder Abteilung zu machen: Ein Wechsel ist zwar bei der Deutschen Dienststelle nicht aktenkundig, allerdings „wurde in den Truppenlisten lediglich die Ausgabe der Erkennungsmarke registriert, aber keine weiteren Personalveränderungen vermerkt“, so die Auskunft von dort. Die eigenen Angaben könnten „daher keinen Anspruch auf Vollständigkeit“ erheben.

Immerhin war auch das 33. Regiment bei Tunesien Anfang des Jahres 1943 aufgerieben worden, bevor es dann, für den Einsatz in Osteuropa, neu aufgestellt wurde. Zudem hatte Kauka hatte einen höheren Dienstgrad erreicht: Beförderung und Auflösung des ursprünglichen Regiments wären mögliche Anlässe für einen Wechsel der Einheit. Auch wenn man den Angaben von Patzwall und Scherzer Glauben schenkt, besteht dennoch keine Gewissheit über den Verbleib Kaukas in der Zeit: Die drei Abteilungen des Flak-Regiment 6 und der Stab werden unabhängig voneinander eingesetzt: Der Stab ist in der fraglichen Zeit vor allem auf russischem Gebiet stationiert, die zweite Abteilung ist „im Raum Pleskau“ tätig, die dritte schon ab August 1943 in die „Flak-Abteilung 592“ die in Südfrankreich eingesetzt wurde.

Zu Kaukas Daten und zu seiner späteren Entwicklung passt freilich am besten Abteilung 1. Zuvor in Nordafrika stationiert und dort 1942 vernichtet, wird sie im Mai 1943 in Jugoslawien neu aufgestellt. Dass Kauka dort später mehrere seiner begabtesten ZeichnerInnen rekrutiert, ist bekannt. So weit, so unspektakulär: Die uns vorliegenden Auskünfte der Deutschen Dienststelle erheben „keinen Anspruch [auf] Vollständigkeit“. In einem PS heißt es: „Unterlagen über K. befinden sich auch im Bundesarchiv/Militärarchiv, Freiburg“. Eine Recherche dort kostet allerdings mehr Geld, als die comickritik so einspielt. Jedem allerdings, der sich für Kauka und sein Werk begeistert und interessiert, wird es ein Anliegen sein, dort nachzufragen, um Bezüge zwischen Leben und Werk, biografische Spuren im Schaffen wahlweise erkennen oder ausschließen zu können.


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